Das Flugzeug von Hermann Staupe landete pünktlich in Namibia. Das freute Hermann. Denn so konnte er direkt mit der Suche beginnen.
Hermann Staupe wollte es nämlich unbedingt finden. Die Voraussetzungen dafür waren nicht schlecht, denn Hermann war früher Detektiv gewesen. Und die sind gut im heraus finden, und manchmal auch im finden ohne heraus.
Hermann verließ die Maschine und ging zu einem kleinen Gebäude am Ende des Flugplatzes. Zwischen hier und dort stand eine Reihe von Menschen, alle paar Meter einer, die ihm den Weg zeigten, damit er nicht vom richtigen abkam.
Die Frau, der er seinen Pass zeigte, war auf dem Flug seine Stewardess gewesen. Und der Mann, der seinen Koffer durchleuchtete, war sein Pilot gewesen. Und die hatten auch in der Reihe gestanden, um ihm den Weg zu zeigen.
„Irgendwie schräg”, dachte Hermann Staupe und ging in die kleine Halle.
Dort stand in der Mitte ein Pinguin. Er lehnte ganz cool an einer Ecke und chillte. Er ließ sich auf den Boden fallen, robbte an Hermann heran und stand wieder auf.
„Ich bin Pinguin, der Hermann”, sagte er.
„Na nu”, sagte Hermann Staupe, „Irgendwie ist dein Name verdreht. Und dann ist ein Drittel von ihm die Hälfte von meinem. Und überhaupt, was macht einer wie du hier in Namibia? Sei mir nicht böse, aber das ist schon ziemlich schräg.”
Pinguin, der Hermann, seufzte. Dann sagte er zur Hermann: „Wenn du nicht anfängst, schräg zu denken, wirst du es nie finden.” Und weg war er.
Auch Hermann Staupe seufzte. Dann rannte er in den dünnen Blonden.
Der sagte „Hallo hallo” und zog ein paar Fritten aus seinen Ohren. „Magst du welche?”, fragte er, die Fritten zu einem Skatblatt gefächert. „Bessere als hier bei uns in Belgien wirst du nie bekommen. Achtzehn!”

Hermann bekam langsam Kopfsausen. „Also”, sagte er, „Du bist der erste Frittenverkäufer, den ich kenne, der selbst wie eine Fritte aussieht. Fritten zieht man nicht aus den Ohren. Damit reizen tut man auch nicht. Schon gar nicht so hoch. Und wir sind hier in Namibia, und nicht in Belgien. Alles in allem: Du bist schon eine ziemlich schräge Type.”
„Mag sein”, sagte der dünne Blonde, „aber wenn du nicht anfängst, schräg zu denken, wirst du es nie finden.” Er klatschte sich ein bisschen Mayo auf den Kopf und aß sich selber auf.
Hermann Staupe staupte. So etwas hätte es bei ihm zu Hause nicht gegeben. In Miesnitz in Sachsen liefen Pinguine und Fritten nicht frei herum. Jedenfalls nicht so.
Die Stewardess, in Reihe – Steherin und Passkontrolleurin lächelte. Der Pilot, in Reihe – Steher und Kofferdurchleuchter lächelte auch. Wie, zum Teufel, sollte er, Hermann, das finden? Und wie sollte er so es finden?
Völlig überraschend flog die Tür des Fahrstuhls auf. Eine Herde rauhbeiniger Vierfüßler, alle uniformiert, drängte heraus und tauchte die kleine Halle ganz in rot und weiß. Zuerst drängten sie – nicht weiter heraus, denn sie waren ja schon drin, sondern – die anderen, zum Beispiel Passagiere und in – Reihe ‑Steher, in die Ecke. Dann bedrängten sie sie. Ganz eng und drang.
Dann klatschten sie sich ab. Dann den anderen auf den Kopf.
Aus ihrer Mitte schälte sich der größte Gehufte heraus und näherte sich Hermann. Wild mit den Hörnern wackelnd sagte er: „Ich Holger. Du Karten für Spiel morgen?”
Hermann Staupe bekam zu seinem Kopfsausen jetzt noch Luftnot. „Irgendwann ist Schluss”, sagte er. „Ich wusste nur nicht, dass irgendwann jetzt ist. Das ist eigentlich ein interessanter Gedanke, denn wenn jetzt irgendwann ist, was wird dann demnächst sein? Und was war früher? Aber ich weiche ab”
„Spökes. Bier?” Der Gehörnte schüttelte eine Dose mit einer zweitürmigen Kirche drauf. „Nun pass mal auf”, Hermann verlor neben seinen Nerven auch noch die Geduld, „Im Flughafen von Namibia gibt es keinen Lift, wir sind ja schließlich nicht in Belgien. Du persönlich segelst unter falscher Flagge, mein Freund. Ich kenne dich, du heißt nicht Holger, sondern gleichvielbuchstabengetreu Hennes. Das da ist Kölsch und kein Bier. Und ob es euch” – Hermann zeigte auf die wilde Horde, die sich gerade gegenseitig tätowierte – „um Spiel oder Karneval geht, ist auch noch nicht ausgemacht. Ihr seid ja so was von schräg drauf.“
„Ach ja?”, meckerte der als buchstabenzahlgetreu aber buchstabenveränderungswirkungsvoll ertappte Hennes, „eins sag ich dir, du Klugscheisser: Wenn du nicht anfängst, schräg zu denken, wirst du es nie finden!”
Sprach’s und drängte seine Kameraden wieder in Fahrstuhl. Alle sangen und sanken, rückwärts das Lied vom Mod und in die Tiefe. Währenddessen schlugen sie sich gegenseitig auf die Glocke. Die hing bei den meisten an ihrem Hals, kurz unter dem Brett vor dem Kopf.
Hermann wurde nachdenklich. Konnte an dem, was Pinguin, der Hermann, die Fritte und Hennes gesagt, oder vielleicht dadurch auch: gefragt hatten, etwas dran sein? Und wenn, was?
„Gut gefragt ist besser gesagt”, entschied sich Hermann.
Und Hermann Staupe betrat die Welt des Schräg/Denkens.
FOLGT: HERMANN STAUPE IN DER WELT DES SCHRÄG/DENKENS
(Ein Bericht aus der Welt von Journalisten, Beratern und Handwerkern)